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Der Krieg gegen Drogen ist gescheitert! (15.08.2018) | Dinge Erklärt - Kurzgesagt

00:00 * Vor über 40 Jahren hat US-Präsident Richard Nixon Drogenmissbrauch zum Staatsfeind Nummer eins erklärt und eine bahnbrechende Kampagne eingeläutet: Den "War on Drugs".
00:11 * Heute steht fest: Dieser Krieg gegen Drogen ist massiv gescheitert und hat Schreckliches angerichtet. 
00:17 * Die Folgen sind: Masseninhaftierungen in den USA, Zigtausende Geldstrafen in Deutschland, Korruption, politische Instabilität und Gewalt in Lateinamerika, Asien, Afrika und Menschenrechtsverletzungen auf der ganzen Welt. 
00:32 * Millionen von Menschen müssen das jetzt ausbaden. 
00:34 * Auch Deutschland investiert jährlich etwa 6 Mrd. Euro in Anti-Drogen-Maßnahmen, die letztendlich nicht viel mehr bewirken, außer die Entstehung von Drogenkartellen zu fördern. 
00:45 * Unser eigentliches Ziel rückt währenddessen in weite Ferne. Wie konnte das nur passieren? 
01:01 * Der Grundgedanke des Kriegs gegen Drogen ist: Keine Drogen, keine Probleme. Deshalb konzentrierten sich auch alle Bemühungen der letzten Jahrzehnte darauf, Drogenlieferungen zu unterbinden und Drogenhändler einzusperren. Aber dabei wird ein wichtiges Wirtschaftsprinzip ignoriert: Angebot und Nachfrage. 
01:19 * Reduziert man das Angebot eines Produkts ohne die Nachfrage zu regulieren, dann steigen die Preise. Oft geht die Nachfrage dann automatisch zurück, aber nicht bei Drogen.

01:29 * Der Drogenmarkt ist nicht anfällig für Preisschwankungen. Drogen werden konsumiert, egal wie teuer sie sind. Die hohen Preise regen nur die Produktion und die Rekrutierung von weiteren Drogenhändler an, um die Verfügbarkeit zu erhöhen. 
01:41 * Das ist der sogenannte "Ballon-Effekt". Auch wenn man die Produktion oder einen wichtigen Versorgungsweg angreift, nimmt das Angebot für den Konsumenten nicht ab. 
01:50 * Ein gutes Beispiel hierfür ist Crystal Meth. Die US-Regierung hat versucht, die Meth-Produktion durch die Überwachung bestimmter Chemikalien zu stoppen. Großen Meth-Produzenten wurde dadurch der Garaus gemacht. Allerdings wurde die Meth-Produktion dadurch in kleine Drogenküchen auf dem Land oder in Kleinstädten verlagert, wo man frei zugängliche Chemikalien verwenden konnte.
02:11 * Einige US-Bundesstaaten wollten daraufhin dieses "hausgemachte" Meth unterbinden, indem sie den Zugang zu weiteren Chemikalien verschärften. Und tatsächlich, die Anzahl kleiner Meth-Küchen ging stark zurück. Trotzdem nahm das Meth-Angebot nicht ab.
02:25 * Mexikanische Drogenkartelle waren sofort zur Stelle und errichteten große Produktionszentren. Sie waren erfahrene Schmuggler und konnten den Markt mit Meth in Top-Qualität versorgen. 
02:35 * Und jetzt stehen wir da: Die Meth-Produktion wurde professionalisiert, die Droge stärker gemacht, aber das Angebot nicht reduziert.
02:42 * Das gilt auch für Deutschland: 2016 wurden hier 62 kg Meth beschlagnahmt, ein Viertel davon in Sachsen. Dort kommt man besonders einfach an günstiges Meth heran, denn im Nachbarland Tschechien stellen große Labors bis zu 10 kg pro Tag her. 
02:58 * Man kann das Angebot nicht regulieren. Drogen sind überall erhältlich, die Nachfrage ist weiterhin hoch und einige Drogen sind sogar stärker als zuvor. 
03:07 * Die amerikanische Drogenvollzugsbehörde kann trotz eines Budgets von jährlich 3 Mrd. Dollar nur eine Erfolgsrate von unter 1 % vorweisen. 
03:16 * In Amerika zum Beispiel, ist es für viele Minderjährige so einfach an illegale Drogen zu kommen wie an Alkohol. 
03:23 * Aber damit nicht genug: Die Drogen-Prohibition verhindert vielleicht, dass eine bestimmte Anzahl von Menschen Drogen nimmt, aber dabei fügt sie der Gesellschaft großen Schaden zu. 
03:32 * Viele Probleme, die wir auf Drogen zurückführen, werden tatsächlich von Maßnahmen gegen Drogen verursacht. Zum Beispiel werden Drogen durch die Prohibition stärker. Denn je konzentrierter man Rauschgift auf engem Raum lagern und transportieren kann, desto größer der Gewinn. 
03:48 * Genau so war es auch während der Alkoholprohibition. Sie führte zu einem verstärkten Konsum von hartem Alkohol. 
03:55 * Das Drogenverbot ist auch für einen weltweiten Anstieg von Gewalt und Morden verantwortlich. Gangs und Kartelle können sich bei Unstimmigkeiten nicht an das Rechtssystem wenden und lösen Konflikte deshalb häufig mit Gewalt.

04:07 * Manchen Schätzungen zufolge ist die Mordrate in den USA durch den Drogenkrieg um 25% bis 75% angestiegen.
04:15 * Und in Mexiko, einem Land das mit am stärksten betroffen ist, wurden zwischen 2007 und 2014 164.000 Menschen ermordet. Mehr Menschen als in den Kriegsgebieten von Afghanistan und Irak in diesem Zeitraum zusammen. 
04:28 * Aber der größte Schaden für die Gesellschaft wird vermutlich durch die Inhaftierung von nicht gewalttätigen Drogenstraftätern verursacht. 
04:36 * Die USA, eine der treibenden Kräfte im Drogenkrieg, stellen 5% der Weltbevölkerung, aber 25% der weltweiten Gefängnisinsassen. Schuld daran sind die absurd hohen Haftstrafen, die schon bei kleinsten Drogendelikten angewendet werden. 
04:50 * Vor allem Minderheiten haben darunter zu leiden. 40% aller Häftlinge in den USA sind Afroamerikaner. Und obwohl weiße Jugendliche eine höhere Drogenmissbrauchsquote haben, werden schwarze Jugendliche zehnmal häufiger wegen Drogendelikten verhaftet. 
05:05 * Okay, aber gibt es etwas, das wir tun können? Gibt es irgendeinen Ausweg aus diesem Schlamassel? 
05:11 * In den 80ern und 90ern steckte die Schweiz in einer wahren Drogenkrise, ausgelöst durch Heroinmissbrauch. HIV-Infektionen und Straßen-Kriminalität gingen durch die Decke. 
05:21 * Eine neue Strategie musste her: die Schadensminderung. Es wurden die weltweit ersten Heroin-Abgabestellen eingeführt. Abhängige können sich dort behandeln lassen und erhalten reines, kostenloses Heroin. Sie hatten außerdem Zugang zu sauberen Spritzen, sicheren Spritzräumen, Duschen, Betten und medizinischer Beratung. Sozialarbeiter halfen ihnen bei der Wohnungssuche und anderen Problemen. 
05:44 * Dadurch ging die Drogenkriminalität stark zurück und 2/3 der Patienten konnten wieder einer geregelten Arbeit nachgehen, weil sie sich nicht mehr den ganzen Tag um ihre Sucht kümmern mussten.

05:54 * In der Schweiz sind heute 70% aller Heroinabhängigen in Behandlung. HIV-Infektionen sind deutlich zurückgegangen und durch Heroin-Überdosis verursachte Todesfälle sogar um 50%. Auch Prostitution und Straßen-Kriminalität wurden deutlich reduziert. 
06:11 * Portugal ging 2001 noch einen Schritt weiter: Konsum und Besitz jeglicher Drogen ist dort nicht mehr strafbar.
06:18 * Noch wichtiger war aber der Start einer groß abgelegten Kampagne. Statt sie zu bestrafen, wird Abhängigen medizinische Versorgung und Unterstützung angeboten. 
06:28 * Dieser umfassende Ansatz hat sich ausgezahlt. Infektionen mit Hepatitis und HIV sind zurückgegangen und es sterben weniger Menschen an einer Überdosis. 
06:37 * Es gibt also Methoden, die nicht nur günstig sind, sondern tatsächlich etwas bewirken, anstatt noch mehr Probleme zu verursachen. 
06:44 * Das Drogenverbot hat ein System heraufbeschworen, das Menschenrechte missachtet, Geld verschlingt und wahnsinnig viel Elend verursacht. Und das alles für ein schier unerreichbares Ziel. 
06:56 * Nach 40 Jahren des Kampfes ist es jetzt endlich Zeit, den Krieg gegen Drogen zu beenden und sich nach einer besseren Lösung umzusehen.

Verweise:


Erstellt am: 19.03.2021,
Bearbeitet am: 19.03.2021.